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A financial scandal shakes Wirecard, a payment service provider.
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Otto Knotzer on June 21, 2020 - 2:26pm
Der Aktienkurs des deutschen Zahlungsdienstleisters Wirecard ist am Donnerstag regelrecht abgestürzt. Zeitweise brach er um rund 71% ein, zum Börsenschluss lag er bei knapp 40 € und einem Tagesverlust von 61%. Am Freitag verlor die Aktien erneut fast 20% und fiel auf rund 20 Euro. Ausgelöst hat dieses beispiellose Gemetzel die Meldung, dass Wirecard die Vorlage des Jahres- und Konzernabschlusses für 2019 wegen milliardenschwerer Unklarheiten in der Bilanz bis auf Weiteres verschieben müsse. Es ist bereits die vierte solche Verschiebung im laufenden Jahr.
Wirecard Aktienkurs im freien Fall
Vorerst gescheitert ist die Veröffentlichung an Vorbehalten der Revisionsstelle von Wirecard. Das in Aschheim bei München ansässige Unternehmen erklärte in einer Ad-hoc-Mitteilung, es sei von den Abschlussprüfern der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) darüber informiert worden, dass über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. € «noch keine ausreichenden Prüfungsnachweise zu erlangen waren». Dabei gehe es um Guthaben, die im Konzernabschluss zu konsolidieren seien. Die Summe entspricht ungefähr einem Viertel der Bilanzsumme des Konzerns.
Anzeige gegen Unbekannt
Es bestünden Hinweise, dass dem Abschlussprüfer von einem Treuhänder bzw. aus dem Bereich der Banken, welche die Treuhandkonten führen, «unrichtige Saldenbestätigungen zu Täuschungszwecken vorgelegt wurden», heisst es in der Erklärung weiter. Damit habe man der Prüfstelle «ein unrichtiges Vorstellungsbild» über das Vorhandensein der Bankkonten bzw. die Führung von Bankkonten zugunsten der Wirecard-Gesellschaften vermitteln wollen. Der Vorstand arbeite mit Hochdruck daran, den Sachverhalt in Abstimmung mit dem Abschlussprüfer weiter aufzuklären.
Ob die gebuchten Gelder überhaupt existieren, blieb am Donnerstag ungewiss. In einer weiteren Mitteilung hielt Wirecard-Chef Markus Braun fest, es sei derzeit unklar, ob betrügerische Transaktionen zum Schaden von Wirecard erfolgt seien. Wirecard werde Anzeige gegen Unbekannt erstatten. Laut Darstellung des Unternehmens geht es um zwei Treuhandkonten, die seit 2019 von zwei asiatischen Banken verwaltet würden. Wirecard-Töchter hätten Sicherheitseinlagen von insgesamt 1,9 Mrd. € auf diese Konten einbezahlt, um das Risikomanagement teilnehmender Händler zu garantieren.
Am Donnerstagabend teilte Wirecard mit, der Aufsichtsrat habe das Vorstandsmitglied Jan Marsalek «mit sofortiger Wirkung widerruflich bis zum 30. Juni 2020» freigestellt. Marsalek war Chief Operational Officer. Zudem ist laut den Angaben James Freis mit sofortiger Wirkung – statt wie bisher geplant per 1. Juli – zum Compliance-Vorstand bestellt worden.
Die 1999 gegründete Wirecard ist im Kern eine digitale Plattform, die Dienstleistungen rund um den digitalen Zahlungsverkehr anbietet. Zu den Kunden und Partnern gehören zum Beispiel Kreditkartenfirmen und Online-Händler. Wirecard beschäftigt laut Firmenangaben weltweit über 5800 Mitarbeiter. Das rasche Wachstum der Börsenkapitalisierung hat das Unternehmen 2018 in den illustren Kreis der 30 grössten und liquidesten börsennotierten Unternehmen Deutschlands gebracht, die der DAX-Index abbildet.
Hängige Untersuchungen
Wirecard fällt indessen schon seit längerem auch mit negativen Schlagzeilen auf, darunter mehrere Artikel der britischen Wirtschaftszeitung «Financial Times» über angebliche unsaubere Machenschaften. Braun hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen. Inzwischen laufen indessen auch offizielle Untersuchungen.
So sind die Finanzaufsicht Bafin und die Münchner Staatsanwaltschaft bereits in doppelter Hinsicht mit Wirecard beschäftigt. Die Bafin erstattete wegen möglicherweise irreführender Ad-hoc-Mitteilungen des Unternehmens Strafanzeige, die Strafverfolger ermitteln seither gegen Braun und seine Vorstandskollegen. Anfang Juni durchsuchten sie in diesem Zusammenhang auch Geschäftsräume des Unternehmens. Gleichzeitig wird geprüft, ob Spekulanten Wirecard mit illegalen Kursmanipulationen schädigten. Laut Medienberichten wollen beide Behörden nun auch die Vorgänge vom Donnerstag mitberücksichtigen.
Unter Druck ist damit auch Braun, die treibende Kraft von Wirecard. Der 1969 geborene Österreicher hat Wirtschaftsinformatik studiert und sitzt seit 2002 im Vorstand des Unternehmens. Inzwischen ist er nicht nur CEO, sondern mit einem Anteil von rund 7% auch einer der Kernaktionäre der Gesellschaft.
Weiteres Ungemach droht
Die jüngste Eskalation könnte Wirecard ernsthaft in Schwierigkeiten bringen. So wies das Unternehmen selbst darauf hin, dass ihm Kredite in Höhe von rund 2 Mrd. € gekündigt werden könnten, wenn es nicht bis am Freitag einen testierten Jahres- und Konzernabschluss vorlege. Da dies kaum so schnell der Fall sein wird, wird Wirecard mit den kreditgebenden Banken verhandeln müssen. Zudem droht weiteres Ungemach. So erklärte die Anlegergemeinschaft SdK am Donnerstag, sie prüfe eine Sammelklage gegen Wirecard wegen möglicher Schadenersatzansprüche von Aktionären und Anleiheinhabern.
Statt eines geprüften Jahresabschlusses veröffentlichte Wirecard am Donnerstag schliesslich vorläufige Zahlen. Danach steigerte das Unternehmen sein Transaktionsvolumen im vergangenen Jahr um 38,5% auf 173 Mrd. €. Der Umsatz legte um 37,5% auf 2,8 Mrd. € zu. Der Nettogewinn wuchs um rund 39% auf gut 482 Mio. €.